auf dem Weg zu mir

In Kontakt mit der eigenen Seele zu kommen bedeutet, auch durch die eigene Verzweiflung zu gehen, seinen eigenen inneren Kampf auszufechten und zu erkennen, dass gerade die Aufarbeitung dieser Wunden uns mit anderen Menschen verbindet.

 

Linda Leonhard

 

Wir sind weder unser Körper, noch unsere Seele, noch unser bewusster Geist, noch unser Ich sondern alles zusammen im umfassendes Selbst. Das Ich entscheidet dabei in freier und verantwortlicher Wahl selber, mit welchen Rollen wir uns identifizieren. Es agiert auf und zwischen jeder Ebene: unbewusst im Körper, wie träumend in der Seele, wach im bewussten Geist. Es wird zum Handeln gelenkt von unserem überbewussten höheren Selbst.

Es ist zuständig, ob wir in unseren Beziehungen 'Ball oder Spieler' sind, ob wir ohnmächtig reagieren oder mit Macht bewusst handeln, ob wir verführen oder uns verführen lassen, ob wir Kräften aus vergangenen Schicksalstaten oder einer visionierten zukünftigen Bestimmung folgen.

 

Die Adventswochen, die sinngemäß eine Vorbereitungzeit sind für die Geburt der All-Liebe in uns, spiegelt in hohem Maße den jeweiligen persönlichen und kollektiven Zustand.

In unseren Breitengraden offenbart die Erde bildhaft auch für Seelenentwicklung eine ideale rhythmische Vorgehensweise. In der Winterzeit ziehen sich Entwicklungskräfte zurück in das dunkle Unterirdische. Äußeres Wachstum kommt zur Ruhe, trennt sich bis auf einen Kern von dem, was zuvor ausgebildet wurde. Entsprechend seiner Bestimmung konzentriert dieser Kern seine Kräfte und bereitet sich in Abgeschiedenheit und Stille auf seine kommende Entwicklung vor.

Es wächst viel Brot in der Winternacht,

weil unter dem Schnee frisch grünet die Saat.

Erst wenn im Lenze die Sonne lacht,

spürst du, was Gutes der Winter tat.

Und däucht die Welt dir öd und leer,

und sind die Tage dir rauh und schwer -

sei still und habe des Wandels acht:

Es wächst viel Brot in der Winternacht.

 

Friedrich Wilhelm Weber

Die Adventszeit ist gedacht zur Besinnung auf sich selbst, um Gefühle der Liebe zu entwickeln für unsere Nächsten, für die Natur, für die Welt und auch für uns selbst. In Ruhe und Stille und mit unegoistischer Eigenliebe entlässt unser Herzenskern tiefergehende Antworten auf Lebensfragen.

 

Aber gerade in dieser Zeit werden wir heftig abgelenkt vom Trubel einer äußeren lauten, bunten und künstlich erhellten Welt. Der wirtschaftliche Zwang zur

Gewinnmaximierung lässt alle Register ziehen, um unsere Aufmerksamkeit zu verführen, damit wir seelische Bedürfnisse materiell befriedigen. Vielfach wird Weihnachten zu feiern vorgezogen und auf üppiges Konsumieren beschränkt. Vorbereitungen geraten leicht zu krankmachendem Stress unter dem Druck, allem aufs Beste zu genügen. Zunehmend erkennen Menschen, dass sie das gar nicht wollen. Manche Kindheitserinnerung wird wach und mit jetzigem Verhalten abgeglichen. Es stellt sich die Frage, worum geht es eigentlich. Wohl in jedem Christen schlummert die Sehnsucht, mit stiller wachsende Freude den Heiligen Abend, den Höhe- und Wendepunkt der dunklen Zeit, als Geburt der Weltenliebe in sich zu erleben und damit erfüllt in Frieden und im liebevollen Beieinander mindestens die folgenden 12 Heiligen Tage zu genießen. Manche Menschen konzentrieren sich, diese besonderen 12 Nächte wie eine Vision der kommenden 12 Monate zu erfahren.

Weihnachten ist heute vor allem ein Fest der Familie.

Das löst nicht bei allen nur Freude aus, denn in so manchen Menschen steigen in Ruhe und Stille verdrängte Erinnerungen auf, die Ohnmachtsgefühle gegenüber den erlebten Verhältnissen auslösen. Darauf zu reagieren gibt es zwei Möglichkeiten, entweder Flucht oder Kampf. Richtet sich die Auseinandersetzung auf das Ziel einer inneren Überwindung destruktiver Empfindungen durchVerarbeitung, wird mehr als Problemlösung gewonnen.

Gregg Braden (s. Buchtipps) sagt: Obwohl wir nicht die Macht haben, zu bestimmen, was in jedem einzelnen Augenblick passiert, haben wir doch die Macht, zu entscheiden, wie wir für das empfinden, was geschieht. Auf diese Weise erhalten wir den Schlüssel, um sogar die schmerzlichsten Erfahrungen in lebensförderndes Wissen umzuwandeln, das zur Grundlage unserer Heilung wird.

 

Ohne Macht über uns selbst sind wir Ball, kein Spieler. (s. Der stille Wandel, Ursachen und Wirkungen, S. 210). Wir reagieren spontan auf Intentionen anderer mit Emotionen. Das sind Empfindungen und Gefühle, die von verdrängten blockierten Wünschen ausgelöst werden und inneren oder äußeren Widerstand aufrufen. Der übt Druck aus, der unverarbeitet entweder in das Umfeld abgeleitet wird oder depressiv nach innen wirkt.

Es empfiehlt sich zu lernen, spontane Reaktionen zurückzuhalten und sie zuvor durch die drei Siebe des Sokrates zu rühren. Das sind Prüfungen, ob die beabsichtigte Äußerung wahr, gut und nützlich für alle ist.

Solche Prüfungen erfordern eine innere Verarbeitung, bevor wir etwas aussprechen. Innere Verarbeitung bedeutet zu verstehen, zu verstehen erfordert Wissen zu haben und zu wissen bedeutet sich Kenntnisse anzueignen, die als wahr, gut und nützlich verinnerlicht werden. Sokrates weist damit einen Weg zum Kontakt mit der eigenen Seele.

Solche innere Arbeit birgt weitere Schätze. Das individuelle Wollen zeigt sich eindeutiger, emotionales spontanes Reagieren wird gezügelt, bevor es ungewollt Schaden anrichtet, und der innere gedankliche Dialog lässt sich entschiedener ordnen und klarer lenken. Verausgabte Macht, die als Fremdbestimmung zurückwirkt, wird erkannt und zurückgeholt.

 

Mit Macht über sich selbst werden laufend innere Regungen wahrgenommen, beobachtet und geprüft, welchen Ursprungs sie sind und welche Wirkungen sie haben könnten. Wer als Auslöser Ängste ausmacht, vermag ihre oft hypnotisierenden Wirkungen zu stoppen, indem er Zusammenhänge erkennt. Auf dieser Grundlage lässt sich Seelenleben selbstbestimmt neu ausrichten und reaktive Emotionen aktiv in positives Fühlen  wandeln. Das bewirkt eine große innere Befreiung!. Das gibt Gedanken mehr Tiefe, setzt innere Heilkraft frei, erfüllt mit Dankbarkeit und erweitert den Blick, so dass immer mehr 'gesehen' und annehmbarer wird, was wirklich ist. Schmerzen aller Art bannen so weniger die Aufmerksamkeit und lassen sich leichter ertragen. Mit diesen Erfahrungen kann Verhalten anderer Menschen grundlegender verstanden werden. Damit finden kaum mehr verletzende Abgrenzungen statt, sondern Freundschaft, Liebe und Verbundenheit wird erzeugt.

 

Baird Spalding (s. Buchtipps) sagt: Man erlangt Meisterschaft (über sich selbst), indem man auf die tiefsten Tatsachen seiner eigenen Natur horcht, und befolgt, was man dabei lernt. ... Alle Macht des Universums steht hinter jedem hohen Motiv, hinter jedem wahren Impuls, der die innere Natur des Menschen anregt. Es ist wie der Kern des Lebens im Inneren des Samens, und alle Kräfte der Natur kommen herbei, ihn zur vollen Entfaltung seiner Möglichkeiten zu bringen. ... Man soll dem eigenen Selbst treu sein, das Leben des Selbst leben, ausdrücken, was innerlich wahr ist, bis man äußerlich das ist, was man innerlich zu sein sich sehnt.

 

Jede seelische Energie, die wir aufrufen und bewegen, arbeitet nicht nur an uns selber, sondern wirkt sich auch immer bildend auf die Umgebung aus.

 

Nutzen wir die Idee, die Advent uns schenkt, kehren wir in uns selbst ein, bereiten uns auf zukünftiges authentisches Leben vor, genießen die gefundene Weihe-Nacht im Kern unseres Wesens und feiern den Heiland in uns.

 

maria goras

 

 

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