Das Vierte Große Prinzip des Kybalion heißt Polarität

 

 

Dieselbe Macht, die sowohl unvorstellbare Pracht wie auch unvorstellbares Grauen hervorgebracht hat, wohnt in unserem Innern und wird all unsere Befehle befolgen.

 

Heilige Katherina von Siena

 

 

„Alles ist zwiefach; alles hat zwei Pole; alles hat sein Gegenstück; ähnlich und unähnlich sind dasselbe; Gegensätze sind wesensgleich und nur graduell verschieden; Extreme berühren sich; alle Wahrheiten sind Halbwahrheiten; alle Widersprüche lassen sich in Einklang bringen.“

 

Die Erdenwelt ist ein wunderbarer Ort mit einer Raum-Zeitordnung, die dem Menschen der Bewusstseinsschulung dient. Für das Gefühl von Eigenständigkeit braucht es eine Entscheidungsfreiheit zwischen verschiedenen Dingen. Da die Erdenwelt zudem ein sichtbarer Offenbarungsort der unsichtbaren geistigen Welt ist, wird hier geistiges Sein zur materiellen Erscheinung  und umgekehrt mit einem aufbauenden und abbauenden Entwicklungsprozess dazwischen.

Sein und Schein erscheinen oft als widersprüchlich, gegensätzlich bis antagonistisch. Das Sein ist das Geistige, die Welt der Lichtwesen, und der Schein erfolgt im Materiellen, einer abgetrennten, für den geistigen Blick dunklen Welt. Für die Menschen findet hier ihre persönliche Entwicklung statt, die sie mit ihrem spezifischen 'ich'-Gefühl, dem Ego, gestalten. Geist und Ego sind also Polaritäten, Göttliche Liebe und Angst ihre gegensätzlichen Kräfte.

 

Der Geist Gottes im All kennt nur positives Dasein, das sich auf Erden in allem Natürlichen ausdrückt. Nur für Menschen gibt es das Gegenteil davon, ein negatives Nicht-Sein. Das ziehen Menschen durch ihre Ängste und deren Kinder aus Energieteilchen der Allsubstanz ab und zentrieren die in einem Ballon um ihr Ego. Dieses Ego- Reich  ist ausschließlich erbaut von freien menschlichen Vorstellungen aufgrund emotionaler Erregungen. Die Inhalte werden geformt und strukturiert durch soziale Verknüpfungen, die durch die psychosozialen Dreiecksspiele von Täter-Opfer–Helfer entstehen. Die binden die Menschen emotional aneinander und steigern gegenseitig ein Mangelbewusstsein, das permanent aufruft, etwas tun zu müssen. Im Zusammenleben bilden sich je nach Glauben und Machtverhältnisse soziale, religiöse, rechtliche und wirtschaftliche Spielregeln, die als Ge- und Verbote formuliert und durchgesetzt und oft von Machthabern missbraucht werden.

 

Gegensätze definieren sich nur durch ihre Gegenpole. Positiv gibt es nicht ohne negativ, heiß nicht ohne kalt und Licht nicht ohne Dunkel. Immer sind sie wesensgleich mit graduellen Abstufungen dazwischen. Wer würde 'lau' verstehen, wenn er nicht heiß und kalt kennt, wer würde Farben und Formen erleben, wenn das Licht, gleich ob innerlich oder äußerlich, nicht auf Dunkelheit trifft. Glück und Unglück scheinen unvereinbar. Doch sie sind wesensgleiche Pole einer emotionalen Haltung zur jeweiligen Situation. Dazwischen gibt es viele Zustände, deren Energien sich auf einer Skala ordnen lassen. Zwischen Liebe und Angst gibt es Zuversicht und Hoffnung genauso wie Zweifel und Hoffnungslosigkeit. Die einen erhöhen energetische Schwingungen, die anderen senken sie. Vom erkannten seelischen Zustand aus lässt sich immer bewusst die jeweilige Einstellung zu einer Situation positiv als auch negativ ändern.

Doreen Virtue sagt dazu: Das Prinzip der Polarität befähigt, eine unerwünschte Situation in ihr Gegenteil zu verwandeln durch Anheben oder Senken der geistigen Schwingungen.

 

Das wahre Sein im Unendlichen offenbart sich auf Erden als Existenz im begrenzten Endlichen, das für sich allein genommen nur eine halbe Wahrheit ist. Das vollkommene Geistige verhält sich zu seinem unvollkommenen Ausdruck wie ein Foto zum lebenden Original. Niemals stellt ein materiell erfasstes Bild das eigentliche Leben dar. Dem jeweiligen Betrachter obliegt es, eigene darüber hinausgehende lebendige Vorstellungen zu erzeugen. Die sind in der Regel außerordentlich unterschiedlich, da ein individuell zugrunde liegender Glaube, der sich in der Lebenshaltung ausdrückt, Art und Rahmen der Wahrnehmung beeinflusst. Verschiedene Ansichten einer Situation können aber immer bei gegenseitiger Würdigung  und mit empathischem Verständnis in Einklang gebracht werden.

 

Das Wissen um das geistige Gesetz der Polarität wirft einen erweiterten Blick auf die derzeitige sogenannte Flüchtlingskrise in Europa, die in Ost und West verfestigte Lebensgewohnheiten, Religionsausübungen und Kulturen aufwühlt. Derzeit erschüttern polarisierende Reaktionen vor allem in Deutschland die Gemüter der Einheimischen und offenbaren, wie Vergangenheitsbewältigung geleistet oder nicht geleistet wurde. Aufkommende Ängste aktivieren immer eine Kampfkraft des Ego für seine Selbstbehauptung. Doch für alle Beteiligten bietet sich auch positiv eine Chance die eigene Haltung zu reflektieren und zu verändern.

Global gesehen hat wohl diese Völkerwanderung die Aufgabe, zunächst die als unvereinbar geltenden Kulturen von Orient und Okzident zu vereinbaren. Das kann als Beginn einer allgemeinen Vermischungen von Lebenshaltungen aufgefasst werden, die die menschliche Entwicklung aus den Abhängigkeiten von Gruppennormen befreit und die Individuation fördert. Mit dem Anerkennen einer würdigen Daseinsberechtigung für jeden Menschen auf Erden, gleich wo er seinen Lebensraum wählt, wird allgemein einer Heilung des Basischakras zugearbeitet. Auf dieser Grundlage kann sich eine sozialverträgliche Kommunikations-Kultur entwickeln, in der mit Offenheit und Interesse das Anderssein als Bereicherung angenommen wird.

Eine negative Entwicklung wird gestärkt, wenn mit einer Macht wie bisher, also mit Abgrenzung, Kampf, Krieg, Unterdrückung und Ausbeutung reagiert wird. Das war nie unbekannt, denn schon im April 1953 sagte der U.S.-Präsident Eisenhower: "Jedes Gewehr, jede Kriegshandlung und jede Rakete ist letztendlich ein Diebstahl an jenen, die hungern und nichts zu essen bekommen, an denen, die frieren und nichts anzuziehen haben. Die bewaffnete Welt verschwendet den Schweiß ihrer Arbeiter, das Genie ihrer Wissenschaftler, die Hoffnung ihrer Kinder."

 

Jeder Mensch ist für seine innere Haltung verantwortlich, die er ja immer - bewusst oder nicht – in eine der beiden Waagschalen des sozialen Bewusstseins legt.

 

Die Seele eines Menschen fühlt sich in ihrer selbst erschaffenen Ego-Welt allein und ihre Kräfte sind auf sich zentriert. Hier reagiert sie auf verinnerlichte Folgen früherer Verhaltensweisen, die sie äußerlich als Schicksal, Unfall, Zufall oder auch als Einfall empfindet. Hier lernt und arbeitet sie, sammelt Erfahrungen, um Gedankenkräfte zu schulen, auch um Positiv und Negativ für sich zu unterscheiden. Hier lernt sie mit ihrer persönlichen Macht und mit dem Gefühl von Freiheit verantwortlich umzugehen.

 

Nach dem Prinzip der Wiederholung gibt es auch innerhalb dieser Scheinwelt Gutes, die Tugenden, und Böses, die Untugenden. Alltäglich schafft der Mensch auf dieser bunten Spielwiese seine sozialen Lebensbedingungen.

Wie ein Ballon bläht sich das Ego auf, wenn ein Mensch sich von Ängsten beherrschen lässt. Es schrumpft, wenn er seine Ängste, die sich oft genug in Glaubenssätzen verstecken, erkennt und sie entlassen, erlösen  kann. Die befreiten Substanzen vereinigen sich dann dem neutralen Strom göttlicher Liebe.

 

Letztendlich ist Sinn und Zweck dieser Anstrengungen Inkarnation für Inkarnation, sich selbst immer mehr als geistiges Selbst zu erkennen. Darin kann eine Seele, alles Denken, Fühlen und Wollen, zunehmend selbstständiger und umfassender werden, geistig wachsen und reifen und sich der Führung ihres Höheren Selbst anvertrauen. Dann ist sie Diener einer Entwicklung, in der aus geistigen Kräften heraus das Bewusstsein vom materiellen Chaos durch Licht und Liebe der göttlichen Ordnung zugeführt wird. Dann schwingt sie mit im inneren Frieden und in entlastenden Freiheitsempfinden.

 

Ursprung und Heimat der menschliche Seele ist das Geistige. Immer sehnt sie sich nach einer vollkommenen Verbundenheit zurück. Das Bewusstsein der Einheit ist das eigentliche Instrument der Heilung. Zum spirituellen Heilen gehört eine Verlagerung von den zerstückelten Perspektiven des Egos zum Einheitsbewusstsein des wahren Selbst. Durch diese Licht-Brücke friedvoller Aufmerksamkeit und Bewusstheit verbinden sich diese beiden eigentlich polaren Welten.

 

maria goras

 

 

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