Märchen der Brüder Grimm

Hans im Glück

 zusammengefasste inhaltliche Darstellung für Erwachsene                        18. 4. 2015

 

 

Nach sieben Jahren, in denen er einem Herrn gedient hat, will Hans heimkehren zu seiner Mutter und bittet um seinen Lohn. Er erhält einen Klumpen Gold, der so groß ist wie sein Kopf. Mit dem macht er sich allein auf seinen Weg.

 

Ihm begegnet ein Reiter auf einem munteren Pferd und Hans wünscht sich, genauso frisch und fröhlich voranzukommen. Das teilt er mit und tauscht willig seine Goldlast gegen das Pferd. Seelenfroh und frei reitet er dahin, als ihm einfällt schneller zu werden. Er spornt das Pferd an, das wirft ihn ab und er landet unfreiwillig in einem Graben.

 

Ein Bauer, der eine Kuh treibt, kann das Pferd aufhalten. Hans schaut auf die Kuh, stellt sich genüsslich vor, wie er durch sie jederzeit Milch trinken und Butter und Käse essen kann. Bereitwillig tauscht der Bauer seine Kuh gegen das Pferd. In Erwartung zukünftiger Mahlzeiten verzehrt Hans alles, was er noch hat. Als ihm wieder dürstet, will er die Kuh melken, aber das schafft er nicht und wird von ihr umgestoßen.

 

Ein Metzger, der mit einem Schwein daherkommt, findet ihn. Der äußert, dass die Kuh vermutlich zu alt ist, um Milch zu geben. Das junge Schwein weckt in Hans die Vorstellung, saftiges Fleisch zu genießen. Er tauscht es gegen seine Kuh und mit dem Schwein an der Leine freut er sich darüber, dass ihm alles nach Wunsch geht, denn kaum hat er eine Verdrießlichkeit, findet er sie doch gleich wieder gutgemacht.

 

Ein Bursche mit einer schönen weißen Gans unter dem Arm begegnet ihm und Hans erzählt von seinem glücklichen Geschick. Daraufhin spricht der Bursche davon, dass ein Schwein im Ort gestohlen sei und der Dieb gesucht wird. Hans nimmt an, dass er dieses Tier jetzt an der Leine hat und bittet in seiner Not um Hilfe. Sie tauschen die Gans gegen das Schwein. Wieder fühlt er sich aller Sorgen entledigt und malt sich die Vorteile aus, die eine Gans bietet.

 

Im letzten Dorf auf seinem Heimweg steht ein Scherenschleifer, der singend seine Arbeit anpreist. Hans kommt mit dem fröhlichen Mann ins Gespräch und erzählt seine Erlebnisse. Erfolgreich überredet der Hans zum Tausch mit guten Aussichten auf jederzeit klimperndes Geld in der Tasche. Für die Gans erhält er einen schadhaften Wetzstein und großzügig noch einen gewöhnlichen Feldstein zum Nägel-gerade-Klopfen dazu.

 

Mit den Steinen beladen geht Hans vergnügt weiter. Bald wird er müde und wünscht sich von diesen Lasten befreit zu werden. Als er an einen Feldbrunnen kommt, legt er die Steine auf den Rand und beugt sich hinab, um zu trinken. Dabei fallen sie in den Brunnen und versinken.

 

 

Frei von allen Belastungen fühlt Hans sich glücklich wie ein Sonntagskind und erreicht mit leichtem Herzen seine Mutter.

 

 

 

 

Anregung zur Deutung von Seelenentwicklung

 

Ähnlich wie beim 'Gleichnis vom verlorenen Sohn' zeichnet das Märchen 'Hans im Glück' einen Schicksalsweg, auf dem sich eine männliche Seele, persönliches Glück suchend, mit materiellen Werten verbindet, dabei Spekulationen, Illusionen und Täuschungen unterliegt und überwindet, bis sie unbelastet wieder heim zu ihrem Ursprung findet.

 

Hans dient sieben Jahre, der Dauer einer Seelenreifungsstufe, seinem Herrn , seiner geistigen Führung. Dafür erhält er in Kopfgröße einen Klumpen Gold. Er will heim zu seiner weiblichen Ursprungsseele.

 

Diesen Weg geht Hans allein auf sich gestellt. Er erhält materielle Gaben, die er in der Situation nach seiner momentanen persönlichen Wertschätzung wieder eintauscht. Die Abfolge der mythologischen Bedeutungen lässt erkennen, wie dabei sein Gemüt Schritt für Schritt sich immer tiefer mit den Verstrickungen der Erdenverhältnisse verbindet. Doch jedes mal erlöst ihn ein 'Zufall'  von den neuen Belastungen.

Einen Klumpen Gold, pure geronnene Weisheit, tauscht Hans gegen ein Pferd, mythologisch eine bewusstseinstragende Kraft für Grenzübergänge zwischen Geist und Materie. Er erwartet für seinen Erdenweg ein leichteres Fortkommen. Das ist zunächst so, aber als er das beschleunigen will, wirft das Pferd den ungeübten Reiter ab.

Hans wünscht sich Abhilfe und die kommt in Form einer Kuh, mythologisch ein fruchtbares Tier, das für die ernährende kosmische All-Mutter, der Erde, steht. Hans macht sich genüsslich Illusionen über stets zur Verfügung stehende Nahrungsmittel, ist aber nicht in der Lage, diese 'abzumelken'.

Einen Ersatz bietet ihm ein viel versprechendes Schwein, mythologisch ein junges Tier, das schmutzig, gefräßig, faul und fruchtbar irdisches Glück und Wohlstand genießt. Das führt er an der Leine.

Einem Burschen gelingt es, Hans über das scheinbar gestohlene Schwein zu täuschen und zu ängstigen, um dagegen seine Gans einzutauschen. Mythologisch hat die Gans duale Qualitäten, die nähren, wärmen und behüten aber auch narzisstische und aggressive Tendenzen haben. Sie nimmt sich selbst wichtig, behauptet ihren Platz und entwickelt Mut zur Rivalität. Durch den Tausch fühlt sich Hans wieder Sorgen enthoben und erfreut sich an seinen Vorstellungen über zu erwartenden Nutzen von der Gans.

Durch gute Aussichten, stets materiell abgesichert zu sein, lässt sich Hans von einem Scherenschleifer, der Ent-Scheide-Werkzeuge schärft, überreden, die Gans gegen einen Schleifstein zu tauschen. Er erhält einen schadhaften Wetzstein, mythologisch eine Waffe gegen grobstoffliche Riesenkräfte, und einen gewöhnlichen Feldstein. Mit diesen neuen Belastungen wird Hans der Weg mühsam und ermüdend. Er legt die Steine auf einen Brunnenrand, will trinken und stößt sie unabsichtlich in die Tiefe.

 

Wieder frei und unbelastet aber erfahrungsreicher erreicht heimkehrend die männliche Seele ihre weibliche Ursprungsseele.